„Das Herz muss lernen, zu lieben, zu vergeben, zu opfern, aber auch
das Schöne zu schmecken, Liebe zu schmecken, Gott zu schmecken, Demut zu
erfahren … Liebe ist kein Lippenbekenntnis, sowohl sie zu geben als
auch sie zu empfangen muss durch Erfahrung gelernt und geübt werden. Das
ist religiöse Erziehung, das ist Erziehung zum Menschsein.“ Auf der
Basis seines in „Islam ist Barmherzigkeit“ entwickelten
Gottesverständnisses, das von einem liebenden Gott der Barmherzigkeit
ausgeht und die weit verbreitete Vorstellung von einem islamischen Gott
des Gehorsams ablehnt, unternimmt Mouhanad Khorchide in seinem neuen
Buch den Versuch, die weitreichenden Konsequenzen aus diesem
Gottesverständnis für den religiösen Alltag wie überhaupt das
alltägliche Miteinander zu ziehen. Ein weiterer zentraler Baustein für
eine neue islamische Theologie, ein Buch, das sich ausdrücklich an eine
breite Öffentlichkeit wendet.
„Und so stehen die beiden Aspekte – die Arbeit am Inneren und die Arbeit
an der Herstellung einer gerechten Gesellschaftsordnung – komplementär
zueinander. Beide sind zwei Seiten der Scharia-Medaille. Daher geht es,
wenn von Scharia die Rede ist, um eine Wechselwirkung zwischen der
Läuterung des menschlichen Herzens und der Bewahrung von Gerechtigkeit
und Menschenwürde in einer Gesellschaft.“
Mouhanad Khorchide führt den Begriff der Scharia aus der Verengung, die
er durch Fundamentalisten wie Islamkritiker in den letzten Jahren
erfahren hat. In klarer Sprache erläutert Khorchide den klassischen
theologischen, historischen und juristischen Kontext der Scharia und
kritisiert deutlich verbreitete Auffassungen von Scharia wie auch die
heutige Fehlauslegung durch etwa den Salafismus. Khorchide entwickelt in
großer Nähe zu den koranischen Aussagen ein Verständnis von Scharia,
das dem islamischen Gott der Barmherzigkeit gleichberechtigt einen
Gläubigen gegenüberstellt, der seinen Weg zu Gott findet, indem er sich
ganz seinen Mitmenschen zuwendet.
224 Seiten
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